Nachdem Monika Rada von ihrer Krebserkrankung erfährt, kann sie die Bedeutung der Diagnose nicht einschätzen: «Ich ging nachhause und habe ganz normal meine Katzen versorgt.» Der Ernst ihrer Lage wird ihr erst später bewusst. Doch sie bleibt positiv: «Ich nenne meine Krankheit nicht Krebs, sondern meinen Kerli», sagt sie. Es folgt eine Operation zur Entfernung des Hirntumors. Nach der Operation fühlt sie sich fit. Die anschliessende Immuntherapie verläuft zunächst nach Plan. «Nach den Infusionen fühlte ich mich wirklich gut», sagt Rada. Doch allmählich spürt sie, dass etwas nicht stimmt. Ihr ist oft übel und sie fühlt sich müde. «Bei Immuntherapien können als Nebenwirkungen Drüsenprobleme auftreten», sagt die behandelnde Onkologin, Dr. Berna Özdemir. «Bei Frau Rada waren verschiedene Hormonachsen gestört, was zu einer Nebenniereninsuffizienz und einer Schilddrüsenunterfunktion führte.»
Als sich herausstellte, dass die Immuntherapie nicht den gewünschten Effekt erzielte, wechselte Berna Özdemir die Strategie und schlug eine Behandlung mit Tabletten vor. Frau Rada erhält zunächst die Standarddosis, die jedoch heftige Nebenwirkungen auslöst. Sie verlor wegen chronischem Durchfall stark an Gewicht, so dass die Dosierung auf ein Minimum reduziert werden musste. Sowohl bei der Immuntherapie als auch bei den Tabletten spielt das Geschlecht eine entscheidende Rolle. Denn Männer und Frauen reagieren ganz unterschiedlich. Häufig werden zu Beginn einer Therapie Standarddosen verabreicht, die nicht auf geschlechterspezifische Unterschiede eingehen. «Bei sämtlichen Krebstherapien treten bei Frauen zwischen 35 und 50 Prozent mehr Nebenwirkungen auf als bei Männern», sagt Özdemir.
Eigentlich müsste bei jeder Krebstherapie die Dosierung auf die Geschlechter abgestimmt werden. Die Forschung zur geschlechterspezifischen Medizin steckt allerdings noch in den Kinderschuhen: «Es fehlen uns noch die Daten, die uns erlauben würden, nach Geschlechtern zu dosieren», sagt Berna Özdemir, die selbst im Bereich der geschlechterspezifischen Medizin forscht. Sie hofft, dass die Datenlücken möglichst bald geschlossen werden, um Patientinnen möglichst individuelle Therapien anbieten zu können. Im Moment fühlt sich Frau Rada trotz ihrem «Kerli» gut. Das Töfffahren musste sie zwar aufgeben. Doch sie ist immer noch voller Lebensfreude: «Ich bin jetzt 71 und hatte ein gutes Leben. Aber ich möchte schon noch ein paar Jahre leben», sagt sie.